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RATGEBER

Dieser Mindestlohn-Trick macht dich reich!

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kerim el-mokdad
27.6.2024

Es ist unbestritten, dass für jede wertsteigernde Investition Kapital erforderlich ist. Kapital wird in unserer Gesellschaft vor allem vererbt – jeder zweite Vermögensfranken stammt aus einer Erbschaft.

Personen mit Kapital, Unternehmen und institutionelle Investoren investieren und verstärken dadurch die Ungleichheit. Sei es in Immobilien, bei denen die Allgemeinheit für das menschliche Bedürfnis nach Wohnraum bezahlt, sei es in Aktien von Unternehmen, die ihre Innovationen privatisieren oder für militärische Zwecke verwenden, oder in Kunst investiert wird, die in privaten Sammlungen endet und der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich ist.

Mein Weg

Vor neun Jahren begann ich, neben meiner Arbeit auf der Baustelle, nach Wegen zu suchen, meine Situation zu verbessern. Nach meiner Lehre als Elektroinstallateur absolvierte ich weitere Ausbildungen in Handel und Erwachsenenbildung. Der berufliche Wechsel gelang nur teilweise. Schliesslich fand ich eine Stelle als Arbeitsagoge, wo wir alte Küchengeräte demontierten und aufbereiteten. Doch auch dieser Job im „zweiten Arbeitsmarkt“ übte Druck auf die Teilnehmenden und auf das Baugewerbe aus, ähnlich wie Subunternehmertum und schwache gewerkschaftliche Vertretung. Da ich es kaum ertragen konnte, hauptsächlich ältere Männer kurz vor der Rente auf Baustellen zu kommandieren, lockerte ich das strenge Pausen- und Pünktlichkeitsregime, was unter anderem zu meiner Kündigung führte.

Ich wusste, ich musste nach der Kündigung noch einen Monat durchhalten, danach werde ich auf mich alleine gestellt sein, fertig Baustelle. Viele Abende verbrachte ich in der ansässigen Schreinerei und arbeitete an meinen ersten Ideen, die bereits in Prototypenform vorlagen, um sie zu einer „richtigen Lampe“ weiterzuentwickeln. Mit einem Nussbaumsockel, Duroplast-Abdeckungen, Messingfassungen und Glühbirnen von der Traditionsfabrik Righi baute ich meine erste Leuchte. Ich wusste nicht, wie man so etwas verkauft, verpackt oder bewirbt. Deshalb ging ich in verschiedene Läden und sprach mit den Leuten, bis ein Geschäft in Zürich diese Lampen ins Sortiment aufnahm.

Fundament Modul Leuchte Format2

Bild: Leuchte Fundament Modul 

Die Materialkosten pro Leuchte betrugen ca. 100.– , die Arbeitszeit mindestens 3 Stunden. Ich verkaufte sie für 170.– an den Einzelhändler, der sie dann für 320.– weiterverkaufte. Obwohl es kein profitables Geschäft war, freute ich mich, dass meine Arbeit geschätzt wurde. Dies motivierte mich weiter zu gestalten. 

Projektziel

Rückblickend lässt sich meine Geschichte so zusammenfassen: ein abgeschlossenes Kunststudium, auch ermöglicht durch diese Leuchte und glücklichen Zufällen, und ein Gepäck voll mit Arbeitserfahrungen in Kunst, Theater und Design. Für dieses Projekt habe ich entschieden, meinen eigenen Hintergrund zu reflektieren: Wer kann sich Kunst leisten? Wie zugänglich sind diese Institutionen? Ich hatte früher jedenfalls keinen Zugang.

Daher gibt es im öffentlichen Raum verschiedene Guerilla-Aktionen für dieses Projekt: QR-Codes, Aufkleber, Quittungen und Leuchten, die auf die Aktion aufmerksam machen. Dadurch sollen nicht nur Personen mit kulturellem Kapital und institutionellen Zugängen die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen. Die Leuchte wird für 23.90.– verkauft – das deckt die Materialkosten und entspricht auch dem Bruttomindestlohn im Kanton Zürich. 

Die Leuchten der „Fundament ZH Helmhaus Edition“ erinnert in ihrer Formgebung an meine erste Leuchte. Sie werden mit umweltschonendem PLA in sechs Farben im 3D-Druck hergestellt. Die Basis erfordert vier Stunden Druckzeit, die Halterung, der Deckel und der Lichtdiffusor weitere drei Stunden. Aufgrund des engen Zeitplans wurden die Leuchten parallel zur Bestellung der Komponenten entworfen und gedruckt. 

Work in Progress Mit Adrian

Bild: Adrian bei der Arbeit 

Die elektronischen Bauteile wurden manuell gelötet, da keine Zeit für eine eigene Platine blieb. Jede Leuchte erhielt eine handgefertigte LED-Matrix mit warmweissem Licht. Das Herz der Leuchte besteht aus einem digitalen Encoder (Schalter und Dimmer) und einem Mikroprozessor, der das Signal verarbeitet; auch diese Komponenten wurden per Hand gelötet. Der Zusammenbau war ein kniffliger Prozess, aber nun ist die „Fundament ZH Helmhaus Edition“, made in Favoriten, fertig. 

Dsc F1416

Auf die Arbeitsstunden und den Gewinn verzichte ich bewusst. Kunst für alle, bezahlbarer Wohnraum für alle – für eine gerechte Verteilung von Kapital und Erbschaften in unserer Gesellschaft.


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kerim el-mokdad
CMO (Chief Marketing Officer)
Untersucht soziale Ungleichheiten mit Installationen im öffentlichen Raum oder als dokumentarisches Theater. Die Erzählungen von Betroffenen will er möglichst allen Bevölkerungsgruppen zugänglich machen, ohne von Algorithmen vorbestimmte Kommunikationskanäle zu verwenden. Frei nach dem Motto: Von der Strasse für die Strasse.